Aufstieg: An der Talstation der Weißseegletscherbahn beginnt der Anstieg über eine breite Forststraße in Richtung Berghotel Rudolfshütte. Quasi unmittelbar mit dem Schnüren der Schuhsenkel werden wir ordentlich auf Trab gebracht, ohne Aufwärmen geht es steil nach oben und es empfiehlt sich, nicht zu schnell zu starten. Sobald die Forststraße flach wird, freuen wir uns darüber, dass die Tour ab jetzt absolut ein Augengenuss wird. Flach geht es entlang des Grünsees zur Mittelstation (1780 m), welche wir an der linken Seite passieren. Weiter marschieren wir über einen schönen Wanderweg mit geringer Steigung und permanentem Blick auf die in Schnee gehüllten 3000er.
Für Abwechslung sorgen die ausgelegten Holzbretter, flachen Steinplatten und der normale Wanderweg bis uns die Fährte stärker ansteigend über Felsbrocken in Richtung Schotterbachboden (1975m) bringt. Hier folgen wir weiter dem Weg 715 in Richtung der Gletscher-Seilbahn. Nach einem weiteren flachen Stück über den bestens befestigten Wanderpfad nimmt das Gelände wieder an Steigung zu und wir setzen zum finalen, sich hinziehenden Aufstieg zur Rudolfshütte an. Dort angekommen genießen wir erstmal das sich bietende Panorama, auf der gegenüberliegenden Seite des Sees erkennen wir auch bereits den Fels, der den Kristall-Klettersteig für uns bereithält. Nach kurzer Rast geht es via Oststaumauer (Talstation Medelzkopf-Sessellift) immer dem See entlang zum Einstieg des Klettersteigs.
Nach ca. halbstündigem Fußmarsch werden wir langsam unruhig. Wo geht es denn nun hin zur Wand? Die Beschilderung habe ich bei keinem meiner zwei Besuche am Kristallklettersteig gefunden, jedoch ist die Wand an sich mehr als gut sichtbar und sobald wir rechts des Weges vermehrt Steinmännchen sehen, wissen wir, dass wir richtig sind und folgen diesen in Richtung Einstiegswand. Hier bekomme ich das erste Mal einen Eindruck, warum der Kristallsteig so heißt – es finden sich wunderschöne Mineralien am Weg, von denen sich insbesondere in den Steigpassagen weitere finden werden. Die Einseilbrücke über dem Bach habe ich nicht mehr vorgefunden, unbeirrt davon aber überqueren wir das Gewässer um uns wenige Schritte später unmittelbar beim Einstieg unsere Klettersteigausrüstung anzulegen.
Beeindruckt von der Seilfährte direkt über dem Wasser starten wir los und erkennen schnell, dass die Sache hier kraftraubend wird. Ohne an Höhe zu gewinnen queren wir über C und D Passagen den Fels direkt über dem kristallklaren, türkisfarbenem Wasser und haben hier bereits zwei schwierige Ecken zu meistern. Im Anschluss an die Querung geht es eine steile Wand empor (C/D). Diese ist sehr wohl mit Trittstiften versehen, ein Überangebot wie von anderen Steigen ist hier aber nicht zu beklagen. Am ersten Rastplatz mit Ausstiegsmöglichkeit angekommen genießen wir den herrlichen Ausblick über den Weißsee auf das Gipfelpanorama und prüfen, ob noch genügend Restkraft für die nächsten zwei Drittel des Steiges vorhanden ist – diese sollten wir noch nötig haben.
Der nächste Abschnitt beginnt mit einer entspannten, querführenden A/B-Passage bevor wir nach ansteigenden C, B/C und C/D-Wand-Passage zur langen Querung kommen. An deren Ende befindet sich ein Seil für den zweiten Notausstieg – ein Abseilen konnte ich persönlich mir an dieser Stelle jedoch nicht vorstellen… abgesehen wäre dies schon am nicht mitgeführten Abseilachter gescheitert. Im Anschluss geht es rauf über einen sehr steilen Pfeiler und nach einer kurzen Querung erblicken wir auch schon die Schlüsselstelle. Hier ist wiederum ein Seil für den dritten Notausstieg bereit, jedoch ziehe ich trotz der vor mir liegenden, beeindruckenden Leiterpassage diese vor. Erst heißt es noch mal Kräfte zusammeln bevor wir die Leiter empor klettern und in atemberaubendem Gelände den Überhang von der ersten zur zweiten Leiter meistern.
Sämtliche Muskeln, auch jene die bisher nicht bekannt waren, schreien auf und wir stellen mit Schrecken fest, dass die hinter dem Vorsprung wartende Leiter ebenfalls im Überhang ist. Langsam, sehr langsam mit viel Pausen führt der Weg nach oben. Auch die nachfolgende Wandstelle hat es nochmals in sich, bevor wir entkräftet den Ausstieg erreichen.
Abstieg: Nach Genuss des herrlichen Ausblicks über den Weißsee in Richtung Rudolfshütte sowie die Berggipfel der Tauern und der Granatspitzgruppe geht der Weg entlang der Steinmännchen zum Normalweg des Weißsee-Rundwegs. Diesem folgen wir in Richtung der Staumauer zur Rudolfshütte über Platten, Stock und Stein sowie am Ende der ein oder anderen kleinen Leiter.
Die entspannte, gelenkschonende Art ist die Gondelfahrt zurück zum Parkplatz – jedoch ist bei genügend Restkondition der Weg über den Tauernmoos-Stausee durchaus zu empfehlen. Auf der Südseite der Rudolfshütte entdecken wir auch schon das Schild, welches uns ostwärts startend den Weg Richtung Enzinger Boden weist. Nach einem kurzen Anstieg führt uns ein schöner Wanderweg weit oberhalb des Tauernmoss-Stausees immer näher an selbigen heran. Die Route führt uns immer wieder kleine Gegenanstiege hinauf und erweist sich im Abstieg mehrmals als anspruchsvoll mit Seilversicherungen.
Kaum sind wir am See direkt angekommen, führt uns der Wegweiser nach links (Westen) zum Enzinger Boden. Wir folgen diesem und erreichen relativ rasch den Schotterbachboden auf 1975 Metern - richtig, an dieser Stelle standen wir bereits im Anstieg auch schon mal. Nun führt uns der bereits bekannte Weg in Kürze zur Mittelstation und in Folge weiter über die sehr steile Forststraße zurück zum Parkplatz.
Berghotel Rudolfshütte (2315 m), Tel. +43 (0)6563 8221-0. Geöffnet von Mitte Juni bis Ende September und von Mitte Dezember bis Ende April.
Höhe | Gehzeit | Gesamt | Ziel | ||
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1480 m | - 1780 m | + 0:45 | 0:45 | Mittelstation Weißsee Gletscherbahn | |
1780 m | - 2315 m | + 1:30 | 2:15 | Rudolfshütte | |
2315 m | - 2270 m | + 0:30 | 2:45 | Einstieg Klettersteig | |
2270 m | - 2443 m | + 1:30 | 4:15 | Seewand (Ende Klettersteig) | |
2443 m | - 2315 m | + 0:45 | 5:00 | Rudolfshütte | |
2315 m | - 1480 m | + 2:15 | 7:15 | Talstation via Tauernmoossee |