Machame Gate (1800 m) - Machame Camp (3000 m) - Shira Camp
(3800 m) - Karanga Camp (3950 m) - Barafu Camp (4600 m) - Kibo (5895 m) - Mweka
Gate (1800 m)
Charakter: Technisch einfache, an wenigen Stellen mittelschwere,
aber äußerst ausdauernde und konditionell sehr anspruchsvolle Bergbesteigung.
Körperliche Fitness und richtiges Verhalten am Berg (Gefahr von Höhenkrankheit)
sind Grundvoraussetzung. Bei Anzeichen von Höhenkrankheit raten wir zu einem sofortigen Abstieg! Symptome einer Höhenkrankheit können Kopfschmerzen, Appetitverlust, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Schwäche, Atemnot, Schwindel, Benommenheit, Ohrensausen und Schlafstörungen sein.
Die Machame Route ist die am zweithäufigsten begangene Route des Kilimanjaro.
Sie ist schwieriger und steiler als die am häufigsten gewählte Marangu-Route und
sie bietet auch keine Übernachtungsmöglichkeiten in Hütten. Belohnt wird man dafür
durch eine schönere und abwechslungsreichere Landschaft und durch bedeutend weniger
Leute, die einem auf der 6-tägigen Tour begegnen.
1. Tag: Machame Gate (1800 m) - Machame Camp (3000 m)
Nach einem reichhaltigen Frühstück in unserer Übernachtungslodge New Aishi Hotel
(Machame) werden wir von unserem zukünftigen Bergführer Baraka und dem Fahrer
eines Kleinbusses abgeholt. Nach einer ca. halbstündigen Fahrt durch zahlreiche
Bananenplantagen und Maisfelder erreichen wir Machame Gate, den Startpunkt unserer
Tour. Hier erwarten uns bereits unzählige Einheimische, die hoffen als Träger
ausgewählt zu werden. Unser Führer sucht 6 Träger und einen Zweitführer aus, so
dass sich unsere kleine Gruppe - bestehend aus meinem Freund Didi, seinem Freund
Tom und mir - schlagartig auf 11 Leute vergrößert. Nachdem das Gepäck auf die
Träger verteilt ist, geht es los.
Der Trail beginnt mit einem breiten Weg, der ziemlich schnell in den Regenwald
führt. Bei angenehmer Steigung geht es auf lehmigen Pfaden vorbei an Riesenfarnen
und mit Lianen und Moosflechten behangenen Urwaldbäumen. Je höher man steigt,
desto finsterer und nebliger wird der Pfad und es entsteht eine spannende
Dschungel-Atmosphäre. Leider muss man aufgrund von Wurzelpassagen viel zu
sehr auf den Weg achten, um die Landschaft in ihrer ganzen Schönheit genießen
zu können.
Nach einigen Stunden verändert sich die Landschaft. Der Wald wird lichter, die
Bäume niedriger, wir haben die Heide- und Moorzone erreicht. Bis zum Machame Camp
sind es nur noch wenige Minuten.
Lange vor uns haben unsere Träger bereits das Camp erreicht und die Zelte aufgebaut.
Die Lage des Camps ist traumhaft, unsere Zelte stehen inmitten von flechten- und
moosbewachsenen Erikazeen Stangen. Hier treffen wir auch einige andere Gruppen.
Direkt neben unserem Zelt, steht das Zelt zweier Franzosen. In der Nacht hören
wir, wie sich einer von ihnen übergibt. Ich frage mich, wie er fast 6000 Meter
schaffen soll, wenn ihm jetzt schon schlecht ist und bin froh, dass es uns dreien
gut geht.
2. Tag: Machame Camp (3000 m) - Shira Camp (3800 m)
Als wir morgens aus den Zelten krabbeln, steht bereits eine Schüssel mit heißem
Wasser zum Gesichtwaschen und Zähneputzen bereit. Nach einem reichhaltigen Frühstück
starten wir in Richtung Shira Camp. Der Weg verläuft bei mittelmäßiger Steigung
weiter durch Enrikazeen-Stangen, Moose und Flechten.
Wir überqueren einige Taleinschnitte und steigen weiter bergauf. Dichter
Nebel kommt auf, es beginnt ein bisschen zu regnen und wird deutlich kühler.
Kurze Zeit später tauchen riesige Lava-Felsen auf, die es zu um- bzw. übersteigen
gilt. Nach einigen Stunden erscheint uns ein neues Landschaftsbild. Lobelien,
Strohblumen und immer größere Bestände an Senecien prägen das Bild.
Wir haben das Shira Plateau erreicht, auf dem sich unser heutiges Camp befindet.
Wir verteilen unsere nasse Kleidung auf den Zelten und genießen die wunderschöne
Aussicht auf den Shira. Später am Abend zeigt sich für wenige Augenblicke
der Kibo mit seinen faszinierenden Schneefeldern.
3. Tag: Shira Camp (3800 m) - Barranco Camp (3900 m)
- Karanga Camp (3950 m)
Als wir aufstehen ist es noch so kalt, dass unsere Zelte mit Reif bedeckt sind.
Kurz bevor wir aufbrechen kommt aber die Sonne hinter der Wolkendecke hervor.
Der heutige Tag ist gut für die Höhenanpassung, da die Route erst bergauf auf
nahezu 4500 Meter, dann wieder etwa 600 Höhenmeter bergab verläuft.
Die Gegend wird mit zunehmender Höhe immer trostloser. Wir überqueren eine
von Nebel umhüllte Steinwüste aus Sand und Lavagestein. Die Vegetation wird
spärlicher. Die Höhe ab 4000 Metern macht mir schwer zu schaffen. Ich
bekomme starke Kopfschmerzen, die ich auch durch die Einnahme mehrerer Aspirin
nicht lindern kann. Plötzlich beginne ich zu weinen, ohne zu wissen warum.
Nahe dem Lava Tower haben wir für heute den höchsten Punkt erreicht und
es geht wieder bergab. Je weiter wir absteigen, desto grüner wird die Landschaft
und desto besser fühle ich mich wieder. Unser Führer Baraka überredet uns,
nicht im geplanten Baranco Camp zu übernachten, sondern weiter zum Karanga
Camp zu gehen, damit wir am Tag vor dem Gipfelsturm - also morgen - eine
kürzere Etappe zurücklegen müssen.
Wir ziehen also am Baranco Camp vorbei und erreichen bald die Felswand "Breakfast",
die es zu übersteigen gilt. Tom nimmt mir bei den Kletterpassagen die Stöcke ab
und gibt mir Ratschläge, wie ich am besten die schwierigen Stellen bewältige.
Kurz vor Sonnenuntergang kommt der Kibo kurz aus seinem dichten Wolkenumhang hervor
und präsentiert sich in seiner ganzen Pracht. In dieser Nähe wirkt er auf mich
sehr gewaltig und ich frage mich, ob ich den Gipfel wohl erzwingen werde, nachdem
es mir heute schon ziemlich schlecht geht. Auch Didi hat Probleme mit der Höhe.
Er hat starke Kopfschmerzen und sein Pulsschlag ist viel zu hoch. Dazu kommt die
Erschöpfung, denn wir sind mittlerweile seit etwa 12 Stunden unterwegs. Plötzlich
bleibt er stehen und sagt: "Ich setz mich jetzt dahin und sterb". Mir geht es
nicht anders, nur Tom lacht, ihm scheint die Höhe gar nichts auszumachen. Baraka
sagt, wir seien gleich da und so marschieren wir weiter.
Es geht bergauf, bergab und der Weg scheint kein Ende zu nehmen. Es ist schon
lange stockfinster. Nach einer letzten sehr steilen und schwierigen Abstiegspassage
erreichen wir erschöpft das Karanga Valley. Doch von unseren Trägern und Zelten
ist weit und breit keine Spur. Baraka schreit laut nach den Trägern, und
von weit über uns ertönen ihre Stimmen. Es hatte ein Missverständnis zwischen
Baraka und den Trägern gegeben, sie dachten sie sollten etwa 300 m überhalb dem
Karanga Valley die Zelte aufstellen. Es entsteht ein Wortgefecht auf Suaheli zwischen
Baraka und den Trägern. Wir verstehen natürlich kein Wort, können aber anhand
der Tonlage davon ausgehen, dass es keine freundliche Unterhaltung ist. Es dauert
lange bis die Träger mit dem Gepäck den steilen Pfad zu uns herabgestiegen sind.
Wir helfen ihnen beim Zeltaufstellen und sitzen anschließend eine lange Zeit in
der Kälte um auf unser Essen zu warten. Gerade als wir glauben, es gebe heute
nichts mehr zu essen, da die Träger zu verärgert sind, wird uns ein warmes Gericht
serviert.
4. Tag: Karanga Camp (3950 m) - Barafu Camp (4600 m)
Am nächsten Morgen können wir die schöne Lage des Camps genießen, denn wir
haben einen fantastischen Aussicht auf den schneebedeckten Gipfel des Kilimanjaro,
der ausnahmsweise nicht von Wolken bedeckt ist. Da wir gegenüber den anderen
Gruppen, die am Baranco Camp genächtigt haben, einige Stunden Vorsprung
haben, lassen wir uns Zeit mit dem Aufbruch und sitzen noch eine Weile in
der Sonne.
Kurz nach dem Losmarschieren werden die soeben noch wärmenden Sonnenstrahlen von
dichtem Nebel verschlungen und es wird eiskalt. Die Vegetation wird mit zunehmender
Höhe wieder spärlicher, auch die unempfindlichen Strohblumen und hartnäckigen
gelbblühenden Sträucher sind bald verschwunden. Der steinige Weg geht stetig bergauf
und die dünne Luft macht sich deutlich bemerkbar. Sobald ich nur ein paar Schritte
schneller gehe, komme ich sofort außer Atem. Außerdem plagen mich wieder starke
Kopfschmerzen, obwohl ich zum Frühstück Aspirin eingenommen habe.
Nach einem sehr steilen, schottrigen Weg erreichen wir das Barafu Camp, unseren
letzten Halt vor dem Gipfelsturm. Wir sind nun auf 4600 Metern über dem Meeresspiegel.
Die Atmosphäre ist aufgrund von eisigem Wind und dichtem Nebel sehr unangenehm,
so dass wir nach einem kurzen Abendessen bald in die warmen Schlafsäcke verschwinden.
5. Tag: Barafu Camp (4600 m) - Uhuru Peak (5895 m) - Mweka Camp (3000 m)
Die Nacht ist sehr kurz, denn bereits um 23 Uhr werden wir geweckt, um den Gipfel
vor Sonnenaufgang zu erreichen. Es gibt nur ein paar Kekse und Tee, damit der
Körper nicht unnötig belastet wird. Die Luft ist eisig kalt, es hat zwischen 10
und 15 Grad Minus. Kurz vor Mitternacht marschieren wir los.
Auf dem steilen Pfad vor uns sehen wir schon viele Lichter der anderen Gruppen.
Sehr, sehr langsam gehen wir los. Unser Führer Baraka voran, dann ich, Tom, Didi
und zum Schluss Josef, unser Hilfsführer, der denjenigen wieder nach unten begleiten
soll, der es nicht bis zum Gipfel schafft. Schon beim Losgehen habe ich starke
Kopfschmerzen, ab einer Höhe von 5000m überkommt mich starke Übelkeit und ich
muss mich übergeben. Auch Didi hat Probleme mit der Höhe. Er hat ebenfalls Kopfschmerzen
und fühlt sich wie besoffen. Der geringe Sauerstoffgehalt der Luft verursacht
eine Art Rausch, der uns hin und wieder sogar ins Taumeln geraten lässt. Tom,
der dicht hinter mir geht, stützt mich jedes Mal. Als ich jedoch wieder einmal
ins Wanken gerate, reagiert Tom nicht. Ich drehe mich um und sehe, wie er weit
nach vorne gebeugt über seinen Stöcken hängt und schwer atmet. Nun hat es ihn
also auch erwischt. Baraka fragt ihn, wie es ihm geht, doch Tom antwortet nur,
dass er den Gipfel erreichen will.
Bei ca. 5300 Metern übergebe ich mich ein zweites Mal. Ich fühle mich absolut
elend und am Ende meiner Kräfte. Ich frage mich, ob es an der Zeit ist, aufzugeben.
Auch Didi fühlt sich schlecht und zweifelt, ob er es bis zum Gipfel schaffen kann.
Wir reden mit Baraka und ich rechne eigentlich damit, dass er mich mit Josef zurückschickt.
Baraka dagegen versichert mir, dass ich so viele Pausen bekäme, wie ich bräuchte
und dass er mir jedes Mal die Hand reichen würde, wenn ich sie benötigte.
Richtig überzeugt er mich aber erst, als er sagt, wir sollen uns mal die andere
Gruppe ansehen, die sehe viel schlechter aus als wir. An uns zieht eine Gruppe
von etwa 8 Leuten vorbei, die mich unweigerlich an Zombies erinnern, die gerade
aus den Gräbern gestiegen sind. Kreidebleich und schwer keuchend kommen sie an
uns vorbei und scheinen uns gar nicht wahrzunehmen. Na, wenn die weitergehen,
dann schaffen wir das auch.
Sehr langsam und mit sehr vielen Pausen steigen wir weiter bergauf. Einige Gruppen
überholen uns, darunter auch die Erlangerin Karin mit ihrem Vater, die wir in
einem Camp kennen gelernt hatten. Beiden geht es sehr gut, sie wünschen uns viel
Glück und ziehen vorbei.
Als die Sonne aufgeht sind wir zwar noch weit vom Gipfel entfernt, doch
das Licht und die abnehmende Kälte geben Auftrieb und das Weitergehen fällt
leichter. Etwa 1 Stunde später sagt Baraka, dass wir gleich am Stella Point
seien, hakt sich bei mir ein und zieht mich die letzte steile Etappe zum
Kraterrand mit sich. Wir lassen uns erschöpft auf dem Boden nieder und Didi
und ich nicken sogar kurz ein. Doch Baraka drängt nach wenigen Minuten zum
Weitergehen, da es nicht gut ist, in dieser Höhe lange zu verweilen.
Zum höchsten Punkt, dem Uhuru Peak ist es nur noch eine Stunde, aber für
mich zieht sich die Strecke ewig hin. Auf dieser letzten Etappe kommen uns
Karin und ihr Vater vom Gipfel entgegen. Sie freuen sich sichtlich, dass
wir es auch geschafft haben, obwohl es uns so schlecht ging und umarmen
uns heftig. Ich bin froh, dass trotz des festen Drückens die restlichen
Kekse im Magen bleiben und erfahre später von Tom, dass ihm der gleiche
Gedanke durch den Kopf ging.
Endlich erreichen wir den langersehnten Uhuru Peak. Die Sicht auf die gigantischen
Gletscher ist überwältigend. Wir umarmen uns und betrachten das faszinierende
Panorama. Leider geht es uns allen dreien nicht so gut und wir können diesen
einmaligen Augenblick nicht wirklich genießen. Kurze Zeit später brechen
wir auf, denn uns erwarten heute noch etwa 3000 Höhenmeter Abstieg.
Bergab geht es deutlich leichter und schneller. Wir laufen bzw. rutschen
das Geröllfeld herunter, das beim Aufstieg noch gefroren war. Übelkeit und
Kopfschmerzen sind bereits nach wenigen 100 Höhenmetern vollkommen verschwunden.
Erst jetzt überkommt mich große Freude und Stolz, dass ich nicht vor dem
Gipfel aufgegeben habe. Auch Didi und Tom wird jetzt erst richtig bewusst,
dass sie es tatsächlich geschafft haben.
Wir kommen am Barafu Camp an, das bei Sonnenschein deutlich freundlicher wirkt,
als gestern in dichtem Nebel und eisiger Kälte. Bevor wir zum weiten Abstieg zum
Mweka Camp absteigen, ruhen wir uns noch eine Stunde im Barafu Camp aus. Der Weg
Richtung Mweka Camp läuft sehr steil bergab. Je weiter wir nach unten kommen,
desto grüner und freundlicher wird die Landschaft. Auf der Strecke befindet sich
eine keine Hütte, auf der Bier verkauft wird. Didi und Tom kaufen ihre traditionelle
Gipfelhalbe, wenn auch etwas verspätet. Im Mweka Camp, das sich inmitten eines
schönen Erikazeen-Wald befinden, spendieren wir den Trägern Bier und Cola, worüber
diese sich riesig freuen. In der Nacht schlafen wir nach den erlebten Strapazen
alle sehr gut.
6. Tag: Mweka Camp (3000 m) - Mweka Gate (1800 m)
Als wir am Morgen auf Karin und ihren Vater treffen, nutzen wir die Gelegenheit
für ein Gruppenfoto vor dem Kibo, der schwach in der Ferne zu erkennen ist. Die
letzte Etappe führt uns in den Urwald zurück. Gigantische uralte Bäume und riesige
Baumfarne kündigen die Regenwald-Zone an. Faszinierende Urwaldblumen zieren den
Weg, der jetzt sehr schlammig ist, so dass öfter mal einer von uns im Dreck landet.
Ich bewundere die Träger, die geschickt jeden Weg meistern, obwohl sie bis zu
15 kg Gepäck auf dem Kopf haben. Nach einiger Zeit wird die Vegetation lichter
und niedriger. Die riesigen Urwaldbäume werden zunehmend durch Buschwerk ersetzt.
Der Weg wird langsam trockener und geht in eine stillgelegte Forststraße über.
Das Gefälle nimmt deutlich ab.
Nach etwa einer Stunde kommen wir am Mweka Gate an, das Ende unserer Kilimanjaro-Besteigung.
Hier gibt es sogar eine Urkunde für die Besteigung des höchsten Punktes Afrikas.
Zum Abschluss geben wir Baraka das Trinkgeld mit einer Liste, wie es aufgeteilt
werden soll. Baraka übersetzt die Liste auf Suaheli, während die Träger um ihn
herum stehen und mit todernsten Blicken seinen Worten lauschen. Zuerst erschrecken
mich ihre ernsten Gesichter, aber ich weiss, dass das Trinkgeld einen hohen Anteil
ihres Einkommens ausmacht, und dieser Moment deshalb sehr entscheidend für sie
ist. Plötzlich erhellen sich ihre Gesichter, sie bedanken sich herzlich und wirken
erfreut und erleichtert.
Wir verabschieden uns und werden auch bereits von unserer Reiseleitung erwartet,
die uns ins Hotel bringen wird. Nach sechs Tagen in der Wildnis freue ich mich
unvorstellbar auf eine Dusche und endlich wieder eine Nacht in einem richtigen
Bett.